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Wissen aus der Forschung

Eine in der hochrangigen Fachzeitschrift Nature Metabolism (2022) veröffentlichte Studie ging der Frage nach, wie sich Stoffwechselkrankheiten, die durch falscher Ernährungverursacht werden, auf die Blutgefäße in verschiedenen Organen des Körpers auswirken. Diese Studie wurde an Mausmodellen durchgeführt und zeigt, dass die Blutgefäße in der Leber und im Fettgewebe Schwierigkeiten haben, überschüssiges Fett zu verarbeiten. Die Studie zeigte auch, daß die Nierengefäße eine Stoffwechselstörung entwickeln, die Lungengefäße ausgeprägt entzündlich werden, und der Transport in den Hirngefäßen gestört ist.
Das Forscherteam untersuchte weiter, ob eine gesunde Ernährung die Fehlfunktion der Blutgefäßen, die durch eine schlechte Ernährung hervorgerufen werden, reduzieren kann. Die Ergebnisse zeigten, daß eine gesunde Ernährung die molekulare Gesundheit der Blutgefäße nur teilweise verbessern kann. In der Leber erholten sich die Blutgefäße fast vollständig, während die Gefäßerkrankung in den Nieren trotz gesunder Ernährung und erheblicher Gewichtsabnahme bestehen blieb. Daraus lässt sich schließen, dass die Blutgefäße ein “Gedächtnis” für Stoffwechselerkrankungen entwickeln, das nur sehr schwer wieder rückgängig zu machen ist.

Original-Publikation
Bondareva et al.: Single-cell profiling of vascular endothelial cells reveals progressive organ-specific vulnerabilities during obesity. Nature Metabolism 4 (11): 1591–1610 (2022 Nov)

Weltweit bekommen Millionen von Menschen nicht genügend Schlaf für gesunde Stoffwechselfunktionen. Auslöser können moderne Arbeits- und Lebensweisen oder Technologien sein. Aber auch viele gesundheitliche Probleme und Erkrankungen können den Schlaf beeinträchtigen wie z.B. Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen, Schmerzen, Krebs, Medikamenteneinnahme und Drogenmissbrauch. Darüber hinaus steht der Schlaf zweifellos im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit, da chronische Schlafprobleme eng mit Depressionen oder Angstzuständen verbunden sind.
Diese in der hochrangigen Fachzeitschrift Nature Reviews Endocrinology (2023) veröffentlichte Übersichtsarbeit mehrerer Studien erörtert die Auswirkungen von unzureichendem Schlaf und Störungen des zyrkadianen Rhythmus (die innere physiologische Uhr) beim Menschen auf die Appetithormone (mit Schwerpunkt auf Ghrelin, Leptin und Peptid-YY), den Energieverbrauch, die Nahrungsaufnahme und -auswahl sowie das Risiko für Fettleibigkeit.
Unzureichender Schlaf ist definiert als weniger Schlaf als für den gesundheitlichen Nutzen empfohlen. Unter einer Störung des zyrkadianen Rhythmus (“circadian misalignment”) versteht man die gleichzeitige Wachheit und Nahrungsaufnahme, wenn das zyrkadiane System den Schlaf fördert.
Eine kurze Schlafdauer (in den meisten der zitierten Studien als weniger als 5-6 Stunden pro Tag) wurde in einer Meta-Analyse mit Erwachsenen mit einer 38%igen absoluten Zunahme der Adipositasinzidenz im Vergleich zu normaler Schlafdauer beschrieben. Weitere negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel, die häufig mit unzureichendem Schlaf und/oder Störungen des zyrkadianen Rhythmus in Verbindung gebracht werden, sind Gewichtzunahme, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, und Fettstoffwechselstörungen.
Unzureichender Schlaf erhöht den Energieverbrauch um ca. 100 kcal pro Tag, aber auch die Energieaufnahme um >250 kcal pro Tag, was zu einer positiven Energiebilanz und Gewichtszunahme führt.
Der Schlafmangel erhöht das Verlangen zu essen, und diese übermäßige Nahrungsaufnahme hängt eher mit kognitiven Kontroll- und Belohnungsmechanismen als mit Appetithormonen zusammen.
Störungen des zyrkadianen Rhythmus reduzieren den Energieverbrauch über 24 Stunden um 3% (ca. 55 kcal), verändert den Appetithormonspiegel und begünstigen eine ungesündere Nahrungsauswahl als bei ausreichendem Schlaf.

Original-Publikation
Chaput et. al.: The role of insufficient sleep and circadian misalignment in obesity. Nature Reviews Endocrinology 19 (2): 82-97 (2023)

Die Prävalenz von Übergewicht bei Kindern hat sich seit 1980 weltweit mehr als verdoppelt. Viele Fettleibige Jugendliche weisen bereits kardiometabolische Komorbiditäten auf, die häufig mit Beginn der Pubertät einsetzen. Die Inzidenz von Bluthochdruck, nicht-alkoholischer Fettleber, gestörte Glukosetoleranz und Insulinresistenz ist bei fettleibigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist signifikant höher als bei normalgewichtigen Gleichaltrigen.
Beginnt die Fettleibigkeit im Alter von etwa 7 Jahren und nimmt sie bis zur Pubertät weiter zu, ist das Risiko für Typ-2-Diabetes deutlich erhöht, selbst wenn das Körpergewicht vor dem Alter von 7 Jahren normal war. Aber auch eine leichte Gewichtsreduktion vor Beginn der Pubertät kann das Risiko für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen im späteren Leben deutlich verringern. Erfolgt die Gewichtsnormalisierung im Alter von 7 bis 13 Jahren und wird das Normalgewicht bis ins junge Erwachsenenalter beibehalten, ist das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, ähnlich hoch wie bei Gleichaltrigen, die ihr Leben lang ein normales Körpergewicht hatten.
Bislang gibt es widersprüchliche Erkentnisse über Fettleibigkeit in der Kindheit und das Krebsrisiko im Erwachsenenalter.
In dieser Übersichtsarbeit werden die Ergebnisse der umfassendste Studie mit etwa 2,3 Millionen männlichen und weiblichen Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren vorgestellt, die sich in Israel einer ärtzlichen Untersuchung für den Militärdienst in Israel unterzogen haben. Die Studie untersuchte mögliche Zusammenhänge zwischen Fettleibigkeit im Jugendalter und dem Risiko, im späteren Leben an verschiedenen Krebsarten zu erkranken. Die Nachbeobachtungszeit betrug 45 Jahre.
Ein Zusammenhang konnte zwischen Fettleibigkeit in der Pubertät und einem erhöhten Risiko für Leukämie, Non-Hodgkin-Lyphom, Bauchspeicheldrüsenkrebs, kolorektales Karzinom und akute myeloische Leukämie im Erwachsenenalter nachgewiesen werden. Ein höherer BMI am Ende der Pubertät war unabhängig vom Herkunfsland mit einem erhöhten Krebsrisiko asoziiert.

Original-Publikation
Weihrauch-Blüher S, et al.: Childhood obesity: increased risk for cardiometabolic disease and cancer in adulthood. Metabolism 92: 147-152 (2019)